Jagdgeschichten und interessante Details

von Walter Mooslechner

Jagdgeschichten und Details

Bei meinen umfangreichen Recherchen zur Herausgabe meines Buches "Aus der Jagdgeschichte des Großarltalels" erhielt ich einen weitreichenden Einblick rund um das Jagdgeschehen im Tal. Viele Adelsgeschlechter hatten ihre Freude daran, einige Wochen in unserer schönen Bergwelt zu jagen. Interessantes konnte ich aus mehreren Jagdchroniken und Memoiren der adeligen Jagdgesellschaften entnehmen.

Der Jagdherr Alois Prinz von Auersperg

Alois Prinz von Auersperg übernahm von seiner Mutter den Herrschaftsbesitz Großarl-Hüttschlag. In seinen aufschlußreichen Memoiren hat Dr. Auersperg in den letzten Jahren seines Lebens (gestorben am 6. September 1984) in besonders eindrucksvoller Weise seine Erfahrungen, Ansichten und Erlebnisse niedergelegt. Auch jagdliche Erinnerungen über seinen ehemals geliebten Besitz im Großarltal wurden wach und für die Nachwelt festgehalten.

" ... ich glaube, es war 1932, als die erste Straße nach Großarl für den Omnibusverkehr von St. Johann freigegeben wurde, es kamen die ,Fremden', und vieles ging verloren, man wurde aufgeklärt, was erstlich zur Folge hatte, daß Konfektionsanzüge bei der Jugend ihren Einzug hielten und langsam die Trachten verdrängten, der Fortschritt nahm seinen Anfang.
Jagdlich war es ein Eldorado. Es gab gute Hirsche, von denen jährlich ca. 40 erlegt wurden. Es gab Rehböcke, Gams und Birkwild. Das Jagdrevier erstreckte sich auf 15.000 ha, 5000 Eigenjagd und ebenso je 5000 von Arar und Gemeindejagden gepachtet. 1933 und 1930 arrangierte ich zwei große Triebe auf Gams in der Schöder zwecks Abschusseinnahmen. Ersteren für Freunde, zweiteren für Mons. Ducroque, dem Gründer der internationalen Jagdorganisation CIC. Der Trieb ging über ein ca. 4 km langes Latschenfeld und wurden in der vorgehenden Nacht Gams aus den Nachbarrevieren eingetrieben, so dass beide Male 60 bis 70 Gams erlegt wurden. Den ersten Trieb konnte ich nicht mitmachen, da ich wegen eines Autounfalles (gebrochene Nase) in St. Johann im Spital lag und einige Tage später die große Freude von Hettis Geburt dort erleben durfte. Dies hatte zur Folge, daß die unschuldigen Kinder, als man ihnen die Geburt von Alfi mitteilte, Zweifel äußerten mit der Begründung, daß ja meine Nase völlig in Ordnung sei.
Auch nach dem zweiten Trieb, wo auch Heinrich seinen ersten Gams erlegte, was eine große Freude war, gab es auch ein komisches Nachspiel. Der Trieb sollte für eine Weltausstellung in Paris gefilmt werden, und sandte der damalige Staatssekretär für Fremdenverkehr Dr. Strafella seine diesbezüglichen Fachleute einen Tag zu spät. Diese arrangierten daher eine Improvisation. Erlegte Gams wurden auf Felswände künstlich aufgestellt. Ducroque mimte darauf zu schießen, und neben den Gemsen liegende Männer warfen mittels des Bergstockes diese um bzw. die Wand herunter. Abschließend wurde auf entsprechende Distanz eine Herde Ziegen durchgetrieben. Dies war zwar nicht sehr waidmännisch, doch konnte ich diese Fremdenverkehrswerbung nicht verhindern. Bei meinem nächsten Besuch in Wien rief ich das Staatssekretariat an, um mich über das Gelingen des Filmes zu erkundigen. Man war begeistert, wie gut und schön er geworden war, doch fragte zum Glück am Ende des Gespräches der Referent, ob die durchgetriebene Herde - wie er sich ausdrückte - wirklich Gams waren. Nun riet ich dringend ab, den Film nach Paris zu schicken."


Herrschaftliche Jagd in Zeiten der Geldentwertung

Ein wohl interessantes Detail: In Folge der gewaltigen Geldentwertung wurde der Jagdpachtschilling 1922 von der Bundesforst- und Domainenverwaltungen bis auf das 20fache und bei Gemeindejagden mancherorts auf das 50fache erhöht. In dieser Zeit der hohen Inflation stellten enorme Zahlen auf den Bankkonten ein Minimum an Kaufkraft dar. War Ende 1919 für 1 kg Ringfleisch zu 19 Kronen schon relativ hoch, so kostete es 1922 bereits 24.000 Kronen. Für ein zweispanniges Fuhrwerk von Großarl nach Hüttschlag wurden 35.000 Kronen verlangt. Wegen Kleingeldmangels gaben die Gemeinden sogenanntes "Notgeld" mit 10, 20, und 50 Heller heraus. Mit Wirksamkeit von 1. Jänner 1925 kam an Stelle der Kronen (vorher Gulden) die Schilling-Währung. Aus 10.000 Kronen wurde 1 Schilling.

In den krisenhaften Dreißigerjahren versuchte Dr. Alois Auersperg mit großer Mühe, seinen Herrschafts- und Jagdbetrieb weiter aufrecht zu halten, was allerdings misslang. Ein Ansuchen um Verlängerung des Pachtvertrages mit den Bundesforsten wurde abgelehnt. Schließlich kaufte in den Jahren 1933-34 der damalige Bundesminister für Finanzen, Dr. Ludwig Draxler, den herrschaftlichen Besitz (außer Laireiting und Hubalm) mit einem Flächenausmass von 4000 ha.


Teilnahme der Großarler Jäger und Förster am 50-Jahre-Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Josef 1898

Heinrich Graf Larisch-Moenich, der spätere Jagdherr in Großarl, sowie Max Egon Fürst zu Fürstenberg, der ebenfalls in Großarl als Jagdgast weilte, zählten zum engeren Organisationskomitee dieser außerordentlichen Festlichkeit.

An die Waidmänner Oesterreichs!
Ganz Oesterreich rüstet sich, um das fünfzigste Regierungsjahr seines erhabenen Kaisers zu feiern. Unzählig sind die Feste und Huldigungen, welche der Freude aller österreichischen Herzen Ausdruck geben werden, und gewiss hat jeder von uns bereits je nach Lebensstellung und Beruf sich irgend einem festlichen Kreise angeschlossen, um den Drange seines Herzens zu genügen.
So verschieden aber die Wege sein mögen, welche uns in diesem Jahre an die Stufen des Allerhöchsten Thrones führen werden, uns Waidmänner Oesterreichs einigt ein schönes Bewusstsein inniger Zusammengehörigkeit. Denn frisch blüht in Oesterreich das edle Waidwerk, noch werden allenthalben im Reiche seine altehrwürdigen Bräuche geübt, noch lebt überall die echte Waidmannslust und vereinigt Männer, welchem Lebensberufe immer sie angehören mögen, zu gleichem Thun in Wald und Feld.
Und mitten in diesem lebensfrischen Kreise steht im schlichten Jägerkleide die rüstige, erhabene Gestalt unseres Kaisers.
Wir wissen Alle, dass es Seinem erhabenen Herzen, inmitten der Sorgen eines fünfzigjährigen Herrscheramtes, gelungen ist, echter Waidmannslust ein Plätzchen zu bewahren, und mit jubelndem Stolze danken wir es dieser Waidmannslust, wenn sie unser leuchtendes Vorbild rastloser Pflichttreue, unseren Kaiser, hinausführt zu einem Pürschgange in die Wälder und Berge Seines weiten Reiches und Ihn unerschöpfliche jugendliche Kraft zur Erfüllung Seines schweren Herrscheramtes gewinnen läßt. Hochgemuth preist der österreichische Waidmann in seinem Kaiser den Ersten Waidmann und Allerhöchsten Jagdherrn.
So dürfen wir denn hoffen, dem Herzen unseres Allerhöchsten Jagdherrn eine Freude zu bereiten, wenn wir, als Waidmänner, unseren ehrwürdigen Bräuchen folgend, in diesem Jubeljahre vor Seiner Majestät erscheinen und unsere Huldigung darbringen; darum ergeht an die Waidmannschaft Oesterreichs dieser frohe Ruf!
Seine Majestät haben unsere unterthänigst vorgebrachte Bitte, die Huldigung der versammelten Waidmänner Oesterreichs anlässlich des Allerhöchsten Regierungsjubiläums entgegennehmen zu wollen, allergnädigst gewährt und hiefür den 25. Juni 1898 anberaumt.

Die Feier ist in der Weise geplant, dass die versammelten Waidmänner Österreichs an dem genannten Tage vor Seiner Majestät erscheinen und nach Vortrag von Jagdhornfanfaren und einer Allerthänigsten Begrüßung, im Allerhöchsten Jagdherren einen goldenen Eichenbruch überreichen.

Als Festkleid ist das berufsmässige Jagdgewand, wie es bei Ausübung der Jagd getragen wird, in tadellosem Zustande vorgeschrieben. Ausgeschlossen sind alle Gala- oder sonstigen, wenn auch jagdlichen Uniformen. Der Hut ist mit einem Bruch zu schmücken.
Von Waffen werden nur der Hirschfänger oder der Standhauer angelegt. Gebirgsjäger können ihren Bergstecken mitnehmen. Jagdhörner und Rucksäcke dürfen umgehängt werden. Alle anderen Jagdgeräthe, dann Trophäen und Hunde werden nicht mitgenommen. Jagdherren, welche ihr Jagdpersonal anführen, erscheinen im gleichen Kleid wie dieses.
Als Großarler Abordnung reisten der Jagdherr Karl Emil Fürstenberg mit Forstkontrollor Siegfried von Stockar, Oberjäger Lengauer, den Jägern Rupert und Steff Toferer sowie Josef Singer nach Wien.
Der Kaiser geruhte zu fragen, ob es noch immer so starke Hirsche im Großarltal gäbe, was Fürst Karl Emil bejahend beantwortete. Auch Forstkontrollor Stockar und die Jäger wurden vom Kaiser angesprochen.